Achtung – Toxisch!
Selflove – des Narzissten Lieblingswort
Aus dem Herzen
Inhaberin und Geschäftsführerin
dentastico GmbH
Liebst du dich schon selbst? Und wenn ja, wie?
Unterwegs in den sozialen Medien fliegt mir ständig der Begriff Selbstliebe, neudeutsch Selflove um die Ohren. Alle sind sich einig, nur, wenn wir gut zu uns selbst sind, sind wir auch gut zu anderen, gut im Job, wertvoll für die Welt. Da ist was dran! Denn bei Selbstliebe geht es darum, die eigene Unvollkommenheit jenseits vom Selbstoptimierungswahn zu akzeptieren und gleichzeitig danach zu streben, sich auf gesunde Art und Weise weiterzuentwickeln. Gelingt mir das, erreiche ich für mich persönlich im Idealfall Gelassenheit und die Fähigkeit der Abgrenzung, ohne anderen dabei zu nahe zu treten. Nicht einfach! Ein lebenslanger Prozess, der Beharrlichkeit und jede Menge Vertrauen in sich selbst und andere erfordert. Tatsächlich spielen dabei auch Bescheidenheit und die Bereitschaft, selbst mal aus der zweiten Reihe zu performen, eine Rolle. Menschen, die sich wirklich selbst lieben, streben meist nach respektvollem, harmonischem Miteinander auf Augenhöhe. Sie haben erkannt, dass kleingeistiges Konkurrenzgetrolle Energien frisst und das Karma befleckt – ganz schlecht für die Selbstliebe.
Die vermeintlich medienwirksame Verwendung des Hashtags #Selflove verursacht allerdings mittlerweile Übelkeit auf breiter Fläche. Nein, wenn du ständig was Tolles kaufst und uns das zeigst, liebst du dich nicht mehr, du bist dadurch nicht einem Entwicklungsprozess, an dem wir teilhaben dürfen, sondern du kompensierst kurzfristig negative Emotionen und bist auf dem Weg in die Kaufsucht. Längerfristig stabilisiert sich sogar die negative Verstimmung. Soziale und familiäre Konflikte sind programmiert. Check das!
Auch das Kokettieren mit Ehrlichkeit löst spontanen Brechreiz aus. Unsere toxischen Selbstliebenden rechtfertigen gern fehlende Empathie auf diesem Weg. Sie nennen das dann Authentizität, wenn sie wie der Elefant im emotionalen Porzellanlade zwischenmenschliche Beziehungen mit büffeligem Egoismus torpedieren. Gern wird hier auch nochmal nachgelegt, und das Verhalten des Gegenübers als initiale Rechtfertigung für toxischen Narzissmus herangezogen. Ich musste mich so benehmen, du hast mir keine andere Wahl gelassen – oder vereinfacht: ich will mich durchsetzen und schiebe dir die Verantwortung zu.
Das größte Warnzeichen für toxische Selbstliebe ist das starke narzisstische Element. Toxische Selbstliebe verursacht fast immer eine Art von Strafe oder Kosten für andere – sei es durch Grenzüberschreitungen, negative Kommunikationsmuster oder respektloses Verhalten. Es mangelt an Respekt, Empathie und Rücksichtnahme auf sich selbst und andere. Dazu kommt eine krasse Fehleinschätzung der eigenen Person samt Fremdwahrnehmung – neee, ihr seid nicht sympathisch und euer bossy Getue macht auch keinen Eindruck – jedenfalls nicht nachhaltig. Auch völlig unangebrachte Geschenke helfen nicht weiter, sondern sind nur ein weiteres Anzeichen für eure manipulativen Strategien. Werbewirksame Überschriften wie „Zufriedenheit ist Stillstand“ oder „sei der Adler, nicht die Ente“ sind nicht mehr als hohle Platituden, die das Erreichen einer optimierten Entwicklungsebene beschreiben sollen. Es gibt Menschen, die sind in ihrer persönlichen Zufriedenheit höchst kreativ und verdammt nochmal, wenn ich auf dem Wasser lebe, bin ich gern die Ente – wenn es sehr kalt ist, auch gern der Pinguin.
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