Viele Unsicherheiten bei der Umsetzung der EU-MDR
Aus der PraxisZMV und Fachwirtin für zahnärztliches Praxismanagement
dentastico GmbH
Am 1.5.2021 ist die europäische Medizinprodukteverordnung MDR (Medical Device Regulation) in Kraft getreten.
- Was bedeutet das für die Zahnarztpraxis?
- Welche Lot- bzw. Chargennummern müssen registriert und archiviert werden?
- Müssen diese auf der Patientenrechnung erscheinen?
- Wann muss eine Konformitätserklärung erstellt und dem Patienten ausgehändigt werden?
Viele Fragen, die aktuell den Alltag in vielen Praxen beschäftigen.
Ein kurzer Überblick:
Die korrekte Implementierung der neuen europäischen Medizinprodukteverordnung in den Praxisalltag stellt viele Zahnarztpraxen vor eine große Herausforderung.
Die MDR fordert ein Risikomanagement, das den Schutz der Patientengesundheit, insbesondere vor abgelaufenen und/oder fehlerbehafteten Produkten sichert und garantiert. Es soll eine lückenlose Rückverfolgbarkeit gewährleistet werden, sodass betroffene Patienten im Falle eines Materialrückrufes umgehend detektiert werden können.
Eine umfassende Dokumentation der Lot- und Chargennummern von den im Mund des Patienten verbleibenden Medizinprodukten in der Patientenakte ist dafür zwingend notwendig. Diese Serienbezeichnungen müssen zwar nicht auf der Rechnung des Patienten, aber dennoch nachvollziehbar mindestens in manuell geführten Produktelisten aufgelistet werden. Einfach, zeitsparend und empfehlenswert sind bereits erhältliche Software-Programme, die mit der Praxissoftware verbunden die Umsetzung erleichtern. Die Etiketten werden mittels Barcodescanner erfasst und in der Patientenakte hinterlegt. Darüber hinaus werden auch die Materialmengen sowie Ein- und Ausgänge erfasst, um eine möglichst optimale Lagermenge zu generieren.
Wenn Fertigteile verwendet werden, wie beispielsweise Implantate, erfolgt der Nachweis der Lot- und Chargennummern zusätzlich zur Archivierung in der Patientenkartei auf einem Implantat-Pass, der dem Patienten ausgehändigt wird.
Ein anderer verpflichtender Aspekt ist der Nachweis von Sonderanfertigungen mit einer Konformitätserklärung, welche dem Patienten als Anlage mit seiner Rechnung auszuhändigen ist. Es handelt sich um Medizinprodukte, die von beruflich berechtigten und laut Verordnung qualifizierten Personen, wie der Zahnärztin, dem Zahnarzt, eigenverantwortlich, mit Rücksicht auf individuelle Bedürfnisse und den Zustand des Patienten, nur für diesen hergestellt worden sind.
Zu den Sonderanfertigungen in einer Zahnarztpraxis gehören Kronen, festsitzender und herausnehmbarer Zahnersatz, kombinierter Zahnersatz, herausnehmbare KFO-Geräte, Schienen, Epithesen, gegossene Stifte sowie CAD/CAM-gefertigte Produkte (zum Beispiel Cerec). Als Faustregel gilt hier die Überschreitung der Tragedauer von 30 Tagen.
Die Konformitätserklärung ist die rechtliche Bestätigung des Herstellers, dass die angefertigte Arbeit des Patienten den Anforderungen der EU-MDR entspricht. Sie ist der Nachweis, welche Materialien verwendet und, dass diese ordnungsgemäß verarbeitet worden sind. Es wird garantiert, dass ein Qualitätsmanagement, Risikomanagement sowie eine klinische Nachbeobachtung umgesetzt und regelmäßig aktualisiert wird. Wenn mit externen Laboren zusammengearbeitet wird, erhält die Praxis die Konformitätserklärung des hergestellten Werkstücks für den Patienten.
Unabhängig von der Konformitätserklärung müssen jetzt alle Dokumente, die in Verbindung mit einer Patientenarbeit angefallen sind, 10 beziehungsweise 15 Jahre bei Implantatteilen aufbewahrt und archiviert werden. Dazu gehören zum Beispiel auch Laboraufträge, die leserlich und nachvollziehbar geschrieben sein müssen in gleicher Weise wie alle Dokumente von Vorlieferanten, wie Fräszentren.
Aber: die meisten Zahnärztekammern bieten Ihren Mitgliedern zur einfacheren Umsetzung gezielte Vorlagen an, die schnell individualisiert von der Qualitätsmanagementbeauftragten in die eigene vorhandene Qualitätsmanagementstruktur der Praxis integriert werden können.
Die richtige Ausführung der EU-MDR schafft Transparenz und Sicherheit für die Zahnarztpraxis und ihre Patienten und vermeidet mögliche Bußgelder.
Bleibt abschließend zu sagen:
Die optimale Organisation und Umsetzung der Verwaltungsprozesse in Zahnarztpraxen werden uns wohl auch in Zukunft fordern und bestimmt noch weitere Überraschungen für uns bereit halten…